Umbauen und auffrischen mit Respekt: Gesamtsanierung des Hebel-Schulhauses in Riehen

Das Hebel-Schulhaus am Langenlängeweg 14 in Riehen – eines der ersten Projekte der Bürogemeinschaft Max Rasser und Tibère Vadi – war zu Beginn der 1950er Jahre typologisch wie gestalterisch am Puls der Zeit. Nach 60 Jahren Betrieb standen umfangreiche Sanierungsarbeiten, Umbauten und Anpassungen an. MET Architects aus Basel haben diese Aufgabe 2010–2014 auf vorbildliche Weise umgesetzt.

Pavillon-Schule mit dem Flair der Fünfziger

Der in Nord-Süd-Richtung verlaufende Erschliessungstrakt des Hebel-Schulhauses mit Spezialräumen. Eine optimale Belichtung aller Räume und der gute Bezug zur Umgebung waren vordergründige Anliegen der Architekten beim Bau des Schulhauses 1951–1953. Foto: Klaus Spechtenhauser
Das Hebel-Schulhaus besteht aus verschiedenen, innen wie aussen sorgfältig proportionierten und materialisierten Baukörpern. Im Hintergrund zu erkennen ist der 1993/94 errichtete Erweiterungsbau von Rolf Brüderlin. Foto: Klaus Spechtenhauser

Die vom Basler Architekturbüro Rasser & Vadi 1951–1953 realisierte Schulanlage ist ein herausragendes Beispiel einer Pavillon-Schule in zeittypischer Formensprache. Beispielhaft für die damaligen Vorstellungen einer kindgerechten Architektur sind die übersichtliche Aufteilung in verschiedene, gut belichtete und belüftete Baukörper von moderater Grösse, die überlegte Einbettung in die Natur, grosszügige Pausenplätze und Spielwiesen sowie sorgfältig detaillierte und materialisierte Räume.

Anpassungen an heutige Standards

Blick von Osten auf Aula/Bibliothek, Verbindungsbereich mit dahinterliegender Terrasse und Klassentrakt. Im Vordergrund einer der grosszügigen Pausenplatzbereiche. Foto: Ruedi Walti

Die vorbildliche Gesamtsanierung ging mit zahlreichen baulichen und strukturellen Modernisierungen einher, die sich jedoch selbstverständlich und unaufdringlich in den Bestand einfügen. Es galt einerseits, die Schulanlage den durch die Schulharmonisierung veränderten Raumbedürfnissen anzupassen. Andererseits muss das Gebäude die zeitgemässen Anforderungen an Erdbebensicherheit, Brandschutz und barrierefreie Zugänglichkeit erfüllen. Die energetische Sanierung (Aussendämmung an den verputzten Fassaden und auf den Dächern, Brüstungsdämmung in den Klassenzimmern, Isolierverglasung, Solaranlage) reduzierte den Heizwärmeverbrauch um 75 %.

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Feingefühl für Material und Farbe

Vom Haus der Farbe vorgenommene Untersuchungen zu Farbgebung und Oberflächenbehandlung aus der Bauzeit bildeten die Grundlage für das Farb- und Materialkonzept bei der Renovation. Eine harmonisch abgestimmte Skala aus gebrochenen Farbtönen verleiht nun insbesondere den Klassenzimmern eine heitere und luftige Atmosphäre. Foto: Ruedi Walti

Die baulichen Eingriffe und gestalterischen Entscheidungen erfolgten nach einer umfassenden Analyse des Baubestands, der nach mehreren Renovationszyklen seine ursprüngliche Farbigkeit eingebüsst hatte. Die vom Haus der Farbe vorgenommene Untersuchung und Erfassung der bauzeitlichen Farbgebung und Oberflächenbehandlung diente als Grundlage für das Farb- und Materialkonzept: Eine harmonisch abgestimmte Skala aus gebrochenen Farbtönen verleiht nun insbesondere den Klassenzimmern eine heitere und luftige Atmosphäre. Im Sinn des ursprünglichen Projekts wurden die Wände wieder mit Stramin-Gewebe bekleidet und mit Ölfarbe gestrichen, die Gipsdecken erhielten einen Anstrich mit Leimfarbe.

Aus Turnhalle wird Aula

Im alten Turnhallentrakt befinden sich nun eine Aula und eine Bibliothek. MET Architects haben dafür die Garderoben und Sanitärräume vor der Turnhalle abgebrochen und stattdessen ein Foyer geschaffen, das sich mit einer raumhohen Verglasung zur Terrasse hin öffnet. Foto: Ruedi Walti

Während die geforderten Gruppenräume durch die Umnutzung von Klassenzimmern eingerichtet werden konnten, musste für die Schaffung der neuen Aula und den Einbau einer Bibliothek der Turnhallentrakt vollständig umgebaut werden. Hierfür wurde die Raumschicht mit Garderoben und Sanitärräumen vor der Turnhalle abgebrochen und damit ein Foyer geschaffen, das sich mit einer raumhohen Verglasung zur Terrasse öffnet. Der Klinkerboden dieses neuen Erschliessungsbereichs führt die Materialisierung der bestehenden Gänge weiter. Die Aula selbst nimmt mit den stark strukturierten Akustik-Lamellen als Wandbekleidung Bezug auf die zur Bauzeit typische plastische Ausformung grosser Flächen. Im Obergeschoss wurde an Stelle des Zeichensaals eine Bibliothek eingebaut, die über eine neue Treppe und einen neu angebauten Lift erschlossen wird. Diese Elemente sind erst auf den zweiten Blick als moderne Bauteile zu erkennen, da ihre sorgfältige Gestaltung der bauzeitlichen Formensprache und Materialwahl Reverenz erweist.

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Sorgfältige Synthese von Alt und Neu

Die unter Wahrung des Bestands sorgfältig renovierten Erschliessungsbereiche. Die Bestrebungen zu Beginn der 1950er Jahre nach einer kindgerechten und heiteren Atmosphäre sollten auch künstlerische Eingriffe unterstützen – wie etwa die farbigen Mosaike an den Treppenbrüstungen von Charles Hindenlang. Foto: Ruedi Walti

Die bewusste Entscheidung der Architekten, Neues nicht als zeichenhafte Intervention vom Alten abzusetzen, sondern ohne gestalterische Brüche mit dem Bestand zu verschmelzen, hat den Charakter und den subtilen Charme dieses Frühwerks von Rasser & Vadi gestärkt und macht es wieder frisch erlebbar. Das Weiterschreiben eines ursprünglichen Konzepts, ohne dabei historisierend zu wirken, braucht nicht nur Verständnis und Wertschätzung, sondern eine ebenso qualitätvolle und selbstsichere architektonische Handschrift.

Rebekka Brandenberger

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Weitere Beispiele

Dieser Beitrag stammt aus dem Jahresbericht der Kantonalen Denkmalpflege 2014, in dem Sie weitere Beispiele für gelungene Restaurierungen finden.

Jahresbericht Kantonale Denkmalpflege Basel-Stadt 2014 (PDF, 6.9 MB, nicht barrierefrei)

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